erste Woche

Die erste Woche unserer Auszeit liegt hinter uns. Das markiert in mindestens zweierlei Hinsicht Besonderheiten: Einerseits ist dies im Sinne eines dreiwöchigen, 'normalen' Urlaubs unter Anwendung der Planungsregel 'ein Drittel zur Entfernung, zwei Drittel für die Rückreise' der Zeitpunkt zur Umkehr, andererseits ist mit unserem gegenwärtigen Aufenthaltsort Ebeltoft tatsächlich der nördlichste Punkt unserer letzten Sommerfahrt (2023) erreicht. Dieses Jahr ist aber alles anders: Wir fahren weiter!

Schwänchen in Strib

Nach einem Hafentag in Strib, an dem wir das Sprüchlein eines guten Freundes bestätigt gefunden haben ("Nix is fix!"), weil sowohl der von uns geschätzte Italiener nicht mehr existiert als auch 'unser' angestammter Liegeplatz zwischenzeitlich gesperrt wurde, brachte uns ein moderater Südwestwind nach Endelave, der L-förmigen Insel nördlich von Fyn. Als Haseninsel bekannt, ist Endelave nur wenig bewohnt und nur während der Ferienzeit, die noch nicht angebrochen ist, gut besucht. Wir erreichen den Hafen an einem Freitagmittag. Rund zwanzig Boote belegen den Hafen zu etwa einem Drittel. Fast ausschließlich sind es Dänen, die das Wochenende dort verbringen wollen.

unter Dänen

Sundown auf Endelave

Da der moderate Südwest anhält und am Sonntag bereits wieder Starkwind angesagt ist, verlassen wir Endelave schon am Samstag, ohne einen Hafentag zu verbringen und entsprechend ohne Erlebnisspaziergang - und ohne Hasentreffen. Es ist wieder die Wetterprognose, die uns treibt. Nach dem Sonntag soll es regnen und noch erheblich stürmischer werden. Wir suchen also eine Bleibe für mehrere Tage, die uns versorgt und eventuell auch etwas unterhält. Deshalb lassen wir schöne Orte liegen: Marup auf Samsoe, Thunoe.... Uns streift der Gedanke, ob wir alles richtig machen, indem wir uns vom Wetter hetzen lassen, aber bis hier sind wir mit unseren Entscheidungen zufrieden. Als Ziel für den etwas längeren Schlag setzen wir Ebeltoft an, wie bereits erwähnt unser nördlichster Punkt vor zwei Jahren. Wir kennen den Ort ein bisschen und sind uns sicher, dass er genau das bietet, was wir für die kommenden Tage suchen.

Der Schlag nach Ebeltoft macht riesigen Spaß. Raumer Wind zwischen 10 und 16 Knoten lässt die Santanita rauschend durch die glatte See pflügen. Westlich von Thunoe plötzlich eine Störung: Der Wind dreht nach Süd-Ost, und wir bleiben fast stehen. Erst als der Wind zurückdreht, geht die flotte Fahrt weiter. Unterwegs queren wir den Weg dieser monströsen Schnellfähren, die das Festland mit der Insel Seeland verbinden und so vielen Autofahrern den Weg über dir Brücken abnehmen.

Schnellfähre

Bei der Einfahrt in die Bucht vor Ebeltoft legt der Wind noch einmal deutlich zu. 20 Knoten Wind beeindrucken, so dass erst ein Reff wieder für kommode Fahrt sorgt. Der Törn ist inklusive der Hafenansteuerung vernünftig vorbereitet, so dass die Zufahrt durch die Flachs sicher verläuft. Am frühen Abend machen wir fest und bereiten das Boot gleich mit Persenningen und Kuchenbude auf einen etwas längeren Aufenthalt vor.

Uns fällt auf, dass wir bislang wenig fotografiert haben. Die Motivation ist nicht besonders groß, denn die Bilder, die sich uns bieten, haben wir alle bereits gesehen. Nichtsdestotrotz ist es wunderschön. Wir nehmen uns vor, spätestens mit Erreichen neuer Gestade, öfter zur Kamera zu greifen.

Am Abend unseres Eintreffens ist Mittsommer, also der 21.Juni., und der Tag scheint kein Ende zu nehmen. Fast bis Mitternacht ist es noch hell. Die Mittsommernacht wird in Dänemark offensichtlich nicht gefeiert, so wie es uns aus Schweden berichtet wurde. Die Dänen feiern anstelle dessen "Sankt Hans" am 23. Juni. Dann werden an den Küsten Feuer entzündet und vermutlich mit Musik und Getränken gefeiert - wir freuen uns darauf.

eingelebt

Fünf Tage und Nächte haben wir inzwischen auf der Santanita verbracht. Man kann sagen, dass wir uns eingelebt haben. 120 Stunden, in denen bereits einige Erkenntnisse angewachsen sind - aber der Reihe nach:

In Fynshav haben wir einen Hafentag verbracht, weil der Wind zu grob für uns war. Der Blick von der Anhöhe hinter dem Hafen auf den kleinen Belt bestätigte uns in dieser Einschätzung: Nur zwei oder drei Segler ließen sich mit kleinster Besegelung vor dem Wind gen Süden oder Osten schieben. Wir wollen in die andere Richtung, hätten also am Wind segeln müssen, was bekanntlich eine noch sportlichere Angelegenheit gewesen wäre. Also verbrachten wir den Tag auf und mit unserer Behausung und optimierten die gestauten Dinge.

Panorama Fynshav

Der freundliche Hafenmeister in Fynshav hat uns auf dem 'Not'-Liegeplatz unter dem Mastenkran liegen lassen, den wir am Vortag eingenommen haben, weil die freien Liegeplätze an den Stegen nicht die nötige Wassertiefe für unsere Santanita aufweisen.

Wie üblich, beobachten wir quasi permanent die Entwicklung der Wetterprognosen. Diese hatten uns ein Fenster am frühen Vormittag in Aussicht gestellt, das die Weiterreise gen Norden ermöglichen sollte. Die Unruhe bezüglich des gegen Mittag wieder aufbrisenden Starkwindes (und die noch nicht in den Urlaubsmodus umgestellte innere Uhr) ließen uns früh aus der Koje fallen. Mit sportlicher Fahrt erreichten wir noch deutlich vor Mittag die kleine Insel Bagoe. Schon während des Anlegemanövers erwischte uns die erste knackige Böe, die unseren Anleger nicht so sehr elegant wirken ließ. Als eins von fünf oder sechs Booten im Hafen genossen wir am Nachmittag ausgiebig die Ruhe.

Bagoe

Gleiches Spiel am Folgetag: Wieder früh raus und innerhalb der kurzen Zeit mit segelbaren Bedingungen stark gerefft hoch am Wind weiter gen Norden im Kleinen Belt und durch die Snaevringen nach Strib. Dort würden wir wieder einen Hafentag verbringen, weil es bläst und bläst und bläst.... Das heißt aber auch: Endlich mal ausschlafen!

Zu den angedeuteten Erkenntnissen: Sowohl die Bordfrau als auch der Skipper nehmen deutlich wahr, dass sie während der vergangenen Monate ziemlich 'auf Verschleiß' gelebt haben. Es zwickt und kneift an diversen Stellen, die man übergangen hat, um die Notwendigkeiten des Alltags zu erfüllen. Wir nehmen uns vor, künftig (vor allem nach unserer Rückkehr) deutlich achtsamer mit uns umzugehen. Ja, man kann auf Pump leben, aber irgendwann ist die Zeche zu zahlen!

Tja, lieber Sting, ....

im Zusammenhang mit unserer großen Urlaubsreise war Dein Konzerttermin am 14. Juni auf dem Nordmarksportfeld lediglich eine Option, für den Fall, dass das Wetter uns nicht wegsegeln ließe. Wir hätten ein bisschen auf der Eckernförder Straße herumvegetieren wollen und hätten bestimmt ein paar Klänge von Dir, Dominic Miller und den Police aufschnappen können. So aber rief die Bordfrau am frühen Nachmittag 'Leinen los', und wir waren schon in der Schlei, als Du noch Deine Gitarre gestimmt hast.

Die Fahrt nach Maasholm war ein neuer Rekord: Von Hafenausfahrt zu Hafeneinfahrt waren wir ziemlich genau drei Stunden unterwegs. Die fünf Beaufort aus Ost haben uns nur selten unter sieben Knoten laufen lassen. Der gleiche Wind hat das Hafenmanöver in Maasholm etwas spannend gemacht, aber geklappt hat es trotzdem.

Als erfreulichen Zufall haben wir ein befreundetes Seglerpaar getroffen, und so tröpfelten am Abend in bester Gesellschaft ein paar Tröpfchen Rotwein - ein sehr schöner Ausklang unseres ersten Reisetages!

Tags drauf haben wir dann auch noch das Konzert der Fanta Vier versäumt - wesentlich einfacher zu verschmerzen. Dafür haben wir die nächste Etappe genommen, zunächst moderat mit stetigem Wind über die Mündung der Flensburger Förde, dann bei ruppigen Bedingungen und später ziemlich ergiebigem Regen entlang der Ostküste von Als bis Fynshav. Mit dem Erreichen des nachbarlichen Landes haben wir nun eine gefühlte Heimatferne gewonnen, die uns absolute Gewissheit über unseren Urlaubszustand gibt. Nun erwarten wir das Einsetzen der ersten Entspannungseffekte....

nur noch eine Woche...

Die Zeit läuft: In einer Woche beginnt die große Auszeit. Viele Vorbereitungen sind getan, die Santanita ruckelt schon ungeduldig an den Seilen und auch das Kennzeichen für die Freigabe des Stegliegeplatzes ist bereits aufgehängt:

frei

Generalprobe / Endspurt

Zwei Wochen vor unserer Auszeit bündeln sich die Vorbereitungen. Ein mit Brückentag verlängertes Himmelfahrtswochenende nutzen wir als Generalprobe für das Vierteljahr, das wir auf der Santanita verbringen wollen. Die Stauräume sind inzwischen reichlich angefüllt mit Proviant und allerlei Dingen, die wir für unentbehrlich halten - ein sehr interessantes Experiment wird es sein zu beobachten, welche Dinge wirklich am Ende dazu zählen. Trotz der großen Ladung segelt unsere Schöne großartig, als wollte sie vermitteln, dass sie für den langen Törn mehr als bereit sei. Ein paar Tage muss sie noch warten.... 

Auf dem heimischen Küchentisch sammeln sich Notizen mit abzuarbeitenden Erledigungen, die vor dem Ablegen durchgeführt werden wollen. Eine gründliche Reinigung der heimischen vier Wände gehört dazu, damit wir bei der Rückkehr nicht in eine Aura von Arbeitsstau geraten.

In uns wächst die sichere Gewissheit, dass wir unseren Luxus nur leben können, weil gute Freunde, Bekannte, Nachbarn und Kollegen dies zulassen, indem sie dies zulassen und unterstützen - vom Leeren des Briefkastens und Blumengießen bis zum Erfüllen von Verpflichtungen verschiedenster Art, die wir eben diesen Vertrauten überlassen. Es erwächst Dankbarkeit. Mal sehen, wie wir die schlussendlich zum Ausdruck bringen können.